Freundschaft mit Pferden

Ich finde es nicht selbstverständlich, dass uns ein Pferd auf seinem Rücken Platz nehmen lässst und wir auf ihm reiten dürfen...

Dafür dürfen wir ihm dankbar sein und uns auf seinem Rücken respektvoll und nett benehmen.

 

Und dazu gehört für mich, dass wir seine Freundschaft auch tatsächlich verdienen, es als gleichwertiges Lebewesen wahrnehmen und auch so mit ihm umgehen.

 

Ich halte nichts mehr von Kommandos und Befehlen, sondern bin für freundliche Bitten. Früher war das anders, aber im Laufe der vielen Jahre meiner Arbeit mit Pferden habe ich dazugelernt, so Einiges hinterfragt und umgedacht ...

 

Freundschaft statt Dominanz

Warum haben wir ein Pferd?

Wir möchten unsere freie Zeit mit diesem wunderbaren Geschöpf verbringen. Wünschen uns Freundschaft mit ihm. 

Wir trämen von entspannten Ausritte und dem besonderen Erlebnis, dass unser Pferd uns durch die schöne Natur trägt, in der wir uns vom stressigen Alltag erholen möchten, oder nicht? 

 

Sicherlich schwingen in vielen von uns auch noch Erinnerungen an Pippi Langstrumpf und Black Beauty mit.

Tief in uns wünschen wir uns eine Freundschaft zu diesem edlen, sanften, großen Tier.

Aber verhalten wir uns auch wirklich so, dass dieses wunderbare Tier überhaupt mit uns befreundet sein möchte?

 

Warum verlangen wir eigentlich mit einer Selbstverständlichkeit, meistens auf dem Platz oder in der Halle, und oft ziemlich verbissen und mit einem völlig unangemessenen Ehrgeiz, dass es bedingungslos Befehle und Kommandos ausführen soll, die wir unentwegt geben, ohne auf seine Bedürfnisse einzugehen und ohne reinzufühlen, wie es ihm eigentlich dabei geht?

 

Macht ihm das wohl Spass?

 

Hat Pipi Langstrumpf das auch getan? Oder hat sie die Zeit mit dem Kleinen Onkel einfach genossen und war zu jeder Zeit freundlich zu ihm? Ja, ich weiss, es ist nur ein Film, ein Märchen.

Aber es geht mir gerade um die Energie, mit der wir unserem Pferd begegnen. 

 

Woher kommt unsere Art, mit Pferden umzugehen, eigentlich?

.  Viele von uns haben das Reiten noch in Reitschulen gelernt, in denen ein rauher Ton herrschte, der aus dem Millitär, aus der Zeit des 1. Weltkriegs, kommt.

 

Auch das Aufsteigen und Führen von links kommt aus dieser Zeit, da der Säbel rechts hing...

Und ebenfalls der barsche Ton, die Kommandos und Befehle, die Ansprüche an funktionierende Pferde und Reiter. Manch einer hat wieder aufgehört, weil er/sie eine ganz andere Vorstellung vom Reiten hatte als das, was man dort so lernte, und vor allem, wie...

 

Gerte waagrecht unter die Arme in den Rücken damit man gerade sitzt, ohne Bügel Leichttraben (wozu soll das gut sein?), Abteilungsreiten, "Volte marsch!", Alles Drill für Soldaten.

 

Bei vielen meiner Kundinnen sind hier die ersten nachhaltigen Traumatas entstanden.

 

Und auch die Pferde hatten nicht viel zu lachen. Abgestumpfte oder wehrhafte (Schul-)pferde, oft sehr schlecht gehalten und zutiefst unglücklich.

Sie sollten einfach funktionieren.

 

Das ist zum Teil leider auch heute noch so.

 

Mit blumigen Namen geschmückt, wird man nicht müde, sie mit erfinderischen "Hilfszügeln", schlimmen Gebissen und anderen schmerzhaften Methoden gefügig zu machen und ihnen ihre Würde zu nehmen. 

 

Und dennoch sind sie so lieb, verzeihen so vieles, lassen sich viel gefallen und wehren sich selten. Und wenn, dann bekommen es den Stempel "Problempferd".

 

Auch ich war in solchen Schulen. Auch ich habe nach ein paar Jahren frustriert aufgehört und es als Erwachsene nochmal neu versucht.

 

Dein Pferd hat mehr Glück

Wenn Du auf meiner Seite gelandet bist, nehme ich an, dass Du ein eigenes Pferd hast, es liebst, das Beste für deinen Freund möchtest und es auch in einem freundlichen Stall mit artgerechter Haltung leben darf.

 

Mach es besser. Du kannst das. Es ist ganz einfach.

Ein erster Schritt es es, die bei allem, was Du mit Deinem Pferd machst, zu fragen, wie es ihm dabei geht, wie es sich wohl dabei fühlen mag.

 

Hilfe, mein Pferd hat Angst

Pferde sind sehr neugierig, Sie lieben es, neue und unbekannte Dinge genau zu untersuchen, zu beschnüffeln, anzusehen, und mit dem Huf anzustubsen.

 

Es ist sehr wichtig für sie, Dinge, die sie beunruhigen, so lange zu beobachten, bis sie das Geschehen oder den Gegenstand einzuschätzen können. 

 

Wenn wir ihm das verbieten, weil wir möchten, dass es auf uns achtet, weil wir wichtiger als alles Andere sein wollen, wird es uns als bedrohlich wahrnehmen.

Als jemand, der es nicht versteht und nicht auf es aufpassst, nicht auf es eingeht, nicht auf seine Bedürfnisse achtet. Es wird sich in unserer Gegenwart nicht mehr sicher fühlen, uns nicht mehr vertrauen und als Fluchttier immer fluchtbereiter werden.

 

Kann man es ihm verdenken?

 

Und dann wundern wir uns, wenn unser Pferd irgendwann immer schreckhafter wird.

 

Lass Dein Pferd lernen

Es kann so einfach sein!

Das Pferd sieht also etwas Beunruhigendes.

Was tun wir?

 

Wir bleiben stehen oder gehen mit ihm an eine Stelle mit ausreichend Abstand, die ihm noch genügend Sicherheit bietet, reden im freundlich und leise gut zu, bieten ihm ein paar leckere Kekse zum Beobachten und knabbern an, bewundern es für den Mut, sich das anzusehen, loben es für seine Neugierde, dafür, dass es so klug ist, erklären ihm, was dort geschieht, was es da sieht, was da ist, und wir geben immer wieder Kekse. Viele Kekse. Leckere Kekse. Den Jackpot, quasi.

 

Warum?

Kauen beruhigt. Und es verknüpft diese Situation mit etwas Positivem!

 

Und wir gehen erst weiter,  wenn UNSER PFERD soweit ist und das möchte, und nicht, wenn WIR das wollen.

 

Kekse? Denkst du jetzt vielleicht? Davon wird die Angst doch grösser, damit verstärke ich doch das Verhalten. Jedenfalls sagen das alle. Oder stimmt es vielleicht doch nicht?

 

Kekse geben und beruhigen, oder lieber nicht?

Dein Pferd bleibt also stehen und möchte schauen, weil es unsicher ist und Angst hat (ist ja im Grunde das Gleiche).

 

Wenn ein kleines Kind vor etwas Angst hat, was würdest Du tun?

 

Glaubst Du, es wäre besser, es daran vorbeizuzerren und ihm mit schroffer Stimme zu sagen, es soll da nicht hinschauen und einfach weitergehen, da ist doch gar nichts, es soll sich nicht so anstellen, es dann vielleicht noch in die Seite knuffen und ihm eins mit der Gerte überziehen, wenn es stockt....

 

Oder würdest du ihm lieber einen leckeren Lolli geben, der es ein wenig ablenkt und es beobachten lassen, während du ihm mit ruhiger leiser Stimme erklärst, was das ist, dass es nicht gefährlich ist, ihm Mut machen und liebevoll gut zureden?

 

Was meinst Du, wird ihm mehr helfen?

 

Und was, glaubst Du, würde sein Vertrauen in Dich stärken, euch ein wenig mehr zusammenschweißen?

 

Aber das passt doch nicht, denkst Du jetzt vielleicht. Es ist ein Pferd und kein Kind.

 

Richtig. Aber Pferde sind Säugetiere und zu genau den gleichen Gefühlen fähig, wie wir Menschen auch.

 

Sie können genauso traurig, fröhlich, ängstlich, enttäuscht, wütend und zuversichtlich sein wie wir. Und sie möchten sich zugehörig, wertgeschätzt, verstanden und würdevoll behandelt fühlen.

 

Deswegen ist es für mich das einzig Richtige, Pferde (Hunde übriges auch!!) genau so liebevoll, geduldig und verständnisvoll zu behandeln, wie ich das mit einem kleinen Kind machen würde!

 

Da gibt es für mich auch absolut keinen Verhandlungsspielraum!